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Gesundheit

Leistenprobleme: Die rätselhafte Welt der Sportlerleiste

Leistenschmerzen treten am häufigsten bei Schnellkraftsportarten mit Stop and Go-Bewegungen auf. Ein gezieltes Training der betreffenden Muskelgruppen kann das Beschwerde-Risiko wesentlich minimieren.

Während in sportlichen Diskussionen oft über Knie- oder Schulterverletzungen gesprochen wird, bleibt das Thema Leistenverletzungen eher im Hintergrund. Tatsächlich gehören Leistenbruchoperationen zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen im medizinischen Alltag. Doch anders als man vielleicht vermuten würde, sind Sportler nicht die Hauptbetroffenen – vielmehr sind es in erster Linie ältere Menschen. Dennoch sind Leistenschmerzen während sportlicher Aktivitäten ein ernstes Thema, da sie oft mit langen Leidenszeiten verbunden sind. Bei Sportlern treten Leistenprobleme vor allem in Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball oder Eishockey auf, aber auch bei Stop-and-Go-Sportarten wie Squash und Badminton. Im Laufsport hingegen sind Leistenprobleme eher selten, mit Ausnahmen in Sprintdisziplinen.

Verlegenheitsdiagnose „Sportlerleiste“

Die Diagnose von Leistenschmerzen ist oft eine Herausforderung, da es viele mögliche Ursachen gibt. Wenn aktive Menschen über Beschwerden in der Leistengegend klagen, wird oft schnell von einer „Weichen Leiste“ oder „Sportlerleiste“ gesprochen. Der Begriff „Sportlerleiste“ wird häufig verwendet, aber es gibt eine präzise Definition, die dieses Leiden beschreibt: „Schmerzen in der Leiste, verursacht durch Überlastung oder Fehlbelastung, die auf ein Ungleichgewicht der Muskulatur am vorderen Beckenring zurückzuführen sind.“ Tatsächlich tritt die echte Sportlerleiste viel seltener auf als angenommen und fast ausschließlich bei Hochleistungssportlern (1-6%, je nach Sportart). Leistenbrüche, Muskelschäden, Sehnenverletzungen, Sehnenansatzentzündungen, Schambein- oder Schambeinfugenentzündungen und Hüftgelenksveränderungen mit Schäden an der Gelenklippe können ebenfalls Leistenbeschwerden verursachen.

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Muskuläre Probleme bei jungen Sportlern

Bei älteren Personen sind Arthrose im Hüftgelenk oder Schambeinbrüche nach Verletzungen die häufigsten Ursachen für Leistenschmerzen. Bei jungen und sportlich aktiven Menschen hingegen liegen die Ursachen oft in Muskel- und Sehnenproblemen. Insbesondere die Adduktoren (Muskeln an der Innenseite des Oberschenkels) sind entscheidend für Stabilität und Bewegung und müssen je nach Sportart (z. B. beim Fußball Schießen oder Grätschen) erheblichen Belastungen standhalten. Bei Problemen mit Muskelansätzen kann auch mangelnde Regeneration eine Rolle spielen. Anfangs treten oft nur leichte Beschwerden auf, die durch physiotherapeutische Maßnahmen gut kontrolliert werden können. Wenn jedoch keine Behandlung erfolgt und die Belastung fortgesetzt wird, können die Schmerzen zu einem chronischen Problem werden, das bis hin zu einer Entzündung des Schambeinasts führen kann.

Wann zum Arzt?

Es gibt eine absolute Notfallsituation, in der sofort ein Arzt konsultiert werden muss: Wenn ein Leistenbruch einklemmt und als Folge ein Absterben von Darmanteilen droht.
Dies ist in den meisten Fällen mit einer stark schmerzhaften und optisch sichtbaren Vorwölbung verbunden, welche sich nicht wegdrücken lässt. Auch Muskelfaserrisse sind be-gleitet von einem heftigen Schmerz. Dieser ist aber abhängig von der Muskelaktivierung und legt sich in Ruhe. Bei eher allgemeinen Beschwerden kann ruhig fünf bis sieben Tage unter körperlicher Schonung abgewartet werden, bevor man sich untersuchen lässt.

Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle in der Therapie
Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle in der Therapie

Die zentrale Rolle der Physiotherapie

Wenn muskuläre Probleme als Ursache diagnostiziert werden, spielt die Physiotherapie eine Schlüsselrolle bei der Wiederherstellung des Muskelgleichgewichts. Je nach Ursache können auch chiropraktische Behandlungen, Stoßwellentherapie und entzündungshemmende Medikamente in Tablettenform oder als Injektion (Kortison nur in Ausnahmefällen) unterstützend wirken. Eine Operation ist nur in Notfallsituationen, bei eindeutigen Hüftgelenksveränderungen oder in bestimmten Fällen nach erfolgloser konservativer Therapie angezeigt. Neuere Therapieansätze wie die Eigenblut-Spritzentherapie könnten zukünftig an Bedeutung gewinnen, da sie kaum Nebenwirkungen haben und erstaunliche Ergebnisse zeigen.

Der Wiedereinstieg in den Sport sollte sorgfältig abgewogen und schmerzangepasst erfolgen. In dieser Hinsicht ist Geduld der beste Ratgeber. Die erste Anlaufstelle bei Beschwerden sollte immer der Hausarzt sein. Er kann Notfallsituationen erkennen und gegebenenfalls eine Überweisung an einen Spezialisten für Sportmedizin oder ein sportmedizinisches Zentrum veranlassen, da diese viel Erfahrung mit Leistenschmerzen, auch bei jungen Menschen, haben.

Muskelkorsett als Schutz

Um Leistenproblemen vorzubeugen, empfiehlt sich das gezielte Training der betroffenen Muskulatur. Einfache Gleichgewichtsübungen auf instabilen Untergründen können helfen, die Muskelkoordination zu fördern. Fortgeschrittene Sportler profitieren von Gleichgewichtstraining auf einem Seil (Slackline), was nicht nur effektiv, sondern auch unterhaltsam ist. Die tiefe Rücken- und seitliche Bauchmuskulatur sollte zu Beginn unter Anleitung trainiert werden. Beachte dabei, dass ein übermäßiges Training der geraden Bauchmuskeln, um ein Six-Pack zu erreichen, kontraproduktiv sein kann. Einseitiges Training kann das Gleichgewicht der Rumpfmuskulatur stören und Beschwerden verursachen

BirrerDieser Blog wurde von Dr. med. Konrad Birrer, Facharzt für Chirurgie und Sportmedizin verfasst. Dr. med. Konrad Birrer arbeitet in der Sportmedizin Zentralschweiz, Medbase Luzern.

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