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Pollenallergie: Symptome, Prophylaxe und Therapie

Die Pollen fliegen wieder. Während blühende Blumen und Gräser für die einen Grund zur Freude sind, ist der Sommer für Allergiker eine unangenehme Jahreszeit. Die ehemalige Spitzentriathletin Dr. med. Sibylle Matter beleuchtet das Phänomen aus sportmedizinischer Sicht.

Normalerweise ist der Blütenstaub von Gräsern und Bäumen kein Problem für Sporttreibende. Bei Allergikern aber können die von blossem Auge nicht sichtbaren Pollenkörner eine Überreaktion des Immunsystems auslösen. Diese tritt meistens im Frühling oder Sommer während den Pollenflugzeiten auf. Dabei reagiert das Immunsystem mit einer Abwehrreaktion auf einen eigentlich harmlosen Anteil der Pollen, dem so genannten Allergen.
Meistens tritt Heuschnupfen bereits in der frühen Kindheit erstmals auf, er kann sich aber auch später noch neu entwickeln. In der Schweiz ist etwa jede sechste Person davon betroffen. Aufgrund der Klimaerwärmung und der veränderten Vegetation steigt der Anteil von Pollenallergikern in der Schweizer Bevölkerung seit Jahren stetig an. Am häufigsten sind Allergien auf Gräser- und Birkenpollen.

Pollen
Fliegende Pollen verursachen allergische Reaktionen

Vielfältige Symptome

Beim Heuschnupfen können die Augen tränen, jucken oder brennen, die Nase tropft – und man muss häufig niesen. Begleitend kann es zu einem allergischen Bronchial-Asthma kommen, bei dem Atemnot oder Husten auftreten können. Typische Symptome sind zudem Hautausschläge oder Hautschwellungen. Nach einer Weile sind sogar Kreuzallergien auf Nahrungsmittel möglich, falls deren Bestandteile eine ähnliche Struktur wie diejenigen der Pollen aufweisen. Typisch dafür ist beispielsweise eine Allergie auf Haselnüsse oder Äpfel bei einer Birkenpollenallergie. Alle allergischen Reaktionen beeinträchtigen die allgemeine Leistungsfähigkeit in Sport, Schule oder Beruf.*
Dennoch: Bewegung und Sport ist praktisch für alle Personen sinnvoll, auch für Allergiker. Vor allem Kinder haben ein natürliches Bedürfnis, sich täglich zu bewegen. Je mehr Sport man macht, umso besser ist der Körper trainiert und alltägliche Belastungen werden besser ertragen. Dies gilt auch für Patienten mit Allergien oder Asthma. Falls sich während der körperlichen Aktivität regelmässig Symptome einer Allergie zeigen, die belastend werden oder die Ausübung von Sport einschränken oder gar verhindern, ist eine Konsultation einer Ärztin oder eines Arztes sinnvoll.

Für den Extremfall bereit sein

Dank Prävention und guter Behandlung ist heutzutage Sport mit Allergien oder Asthma kein Problem mehr. Allerdings ist nicht jede Sportart gleich gut geeignet oder sie muss jahreszeitlich etwas angepasst werden. Während der Pollensaison trainieren betroffene Personen deshalb besser drinnen, um den Kontakt mit dem auslösenden Allergen möglichst zu vermeiden. Kommt ein Asthma dazu, sind ein gutes Aufwärmen und eine langsame Belastungssteigerung empfohlen. Vorsichtig sollte man bei allergischen Reaktionen z.B. auf Insektenstiche oder bei Nahrungsmittelallergien sein, vor allem dann, wenn sie sich am ganzen Körper mit Juckreiz, Schwellung oder sogar Atemnot bemerkbar machen. Solche Reaktionen werden durch körperliche Aktivität oft noch verstärkt. Deshalb sollten Trainer und Kolleginnen über allfällig auftauchende Probleme informiert werden, denn hier ist eine sofortige Behandlung mit Notfallmedikamenten angezeigt (Antihistaminikum, Cortison und ev. Adrenalin-Fertigspritze). Eine allergische Reaktion kann ohne Behandlung im Extremfall zur Anaphylaxie mit Schockzustand führen und lebensbedrohlich werden. Dies ist zum Beispiel bei einer Allergie auf Bienenstiche möglich, wenn es dadurch zum Zusammenbruch der lebenswichtigen Funktionen kommt.

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Trügerische Idylle: Für Läuferinnen und Läufer mit Pollenallergie können blühende Wiesen eine Plage sein

Unterschiedliche Testmethoden

Der Arzt oder die Ärztin stellen mit einer körperlicher Untersuchung, Befragung sowie Haut- und Bluttests fest, ob eine Pollenallergie besteht und ob sich jemand für eine Desensibilisierung eignet. Hauttests werden bei Verdacht auf eine allergische Reaktion auf bestimmte Substanzen wie z.B. Gräser- oder Baumpollen vorgenommen. Die am häufigsten angewendete Methode ist der Pricktest. Bei diesem werden einzelne Tropfen von Allergenextrakten sowie Histamin und Kochsalzlösung auf den Unterarm oder den Rücken aufgebracht. Nach 10-15 Minuten kann die Sensibilisierung anhand der Sofortreaktion abgelesen werden. Bei einer positiven Reaktion auf ein Allergen bedeutet dies jedoch nicht in jedem Fall, dass eine Allergie darauf besteht. Bei den Bluttests ist die häufigste Messung diejenige von IgE-Antikörpern, welche als Reaktion des Immunsystems auf Allergene gebildet werden. Dies erlaubt zwar eine Aussage über die Sensibilisierungen eines Allergikers, jedoch nur bedingt über den Schweregrad der Symptome.

Wie vorbeugen?

Vor Beginn der Pollenflugsaison angewandt, kann Cromoglicinsäure gegen die Allergie helfen. In der akuten Phase lindern so genannte Antihistaminika oder allenfalls auch Kortison-Präparate die Beschwerden. Grosse Brillengläser, lange Kleider und sofortiges Duschen nach dem Sport bieten etwas Schutz bei Outdooraktivitäten. Auch eine befeuchtete Nasenschleimhaut reagiert weniger sensibel auf Pollen (wirkungsvolle Salben sind in jeder Apotheke erhältlich). Am besten aber wird schlicht der Kontakt zu Pollen gemieden oder auf ein Minimum reduziert, obwohl dies nicht immer möglich ist. Patienten, die schon einmal eine heftige Reaktion auf ein Allergen (meist Nahrungsmittel oder Insektenstich) gemacht haben, sollten von einem Allergiespezialisten abgeklärt und beraten worden sein, sowie während den Trainingseinheiten mit einem Set an Notfallmedikamenten ausgerüstet sein. Zudem sollten Trainer, Kollegen und Freunde wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen.

Langfristiger Therapie-Erfolg

Die einzige ursächliche Therapie, die Hyposensibilisierung, versucht das Immunsystem zu schulen, die allergieauslösenden Pollen wieder zu tolerieren. Dabei wird ab Herbst oder Winter der Körper mit dem Allergen konfrontiert, indem es in regelmässigen Abständen entweder unter die Haut gespritzt oder unter die Zunge gegeben wird. Zuerst nur in sehr kleinen Mengen, dann im Verlauf der Therapie zunehmend mit einer Steigerung der Dosis, bis der Körper nach 3-5 Jahren auf alltägliche Pollenmengen nicht mehr reagiert. Bei manchen Betroffenen können auch alternative Methoden wie Akupunktur oder Homöopathie helfen.
*Bei der Dokumentation von Heuschnupfen-Symptomen ist die e-Symptoms-App von AHA hilfreich. www.aha.ch

MatterDr. med. Sibylle Matter ist leitende Ärztin der Medbase Bern Bahnhof. Als Triathletin startete sie 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney über die olympische Distanz und gewann 2008 und 2009 den Ironman Switzerland in Zürich.

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