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Motivation

Lauflegenden: Paavo Nurmi

Paavo Nurmi gilt als einer der grössten Läufer überhaupt. Der Finne, der vom 13. Juni 1897 bis 2. Oktober 1973 gelebt hat, erreichte in seiner Läufer-Karriere Unglaubliches. Er gewann zwischen 1920 und 1928 neun olympische Goldmedaillen, erzielte 22 offizielle Weltrekorde und war in seiner ganzen Karriere in 80 Cross-Wettkämpfen und über die 10’000m ungeschlagen. Seine persönlichen Bestleistungen über 1500m (3:52,6), 5000m (14:28,2) und 10’000m (30:06,1) stellen auch fast 100 Jahre später zumindest für Amateure sehr respektable Zeiten dar.
Nurmi wuchs als Sohn eines Kleinbauern und späteren Zimmermanns in sehr einfachen Verhältnissen auf. Bereits mit neun Jahren begann er, regelmässig zu laufen. Als sein Vater früh starb -der junge Paavo Nurmi war erst 12-jährig – vertiefte er seine Leidenschaft für den Sport. 1912, als Nurmi 15 Jahre alt war, gewann sein Landsmann Hannes Kolehmainen an den Olympischen Spielen in Stockholm drei Goldmedaillen. Nurmi motivierte dies, um sein Training noch seriöser und zielgerichteter anzugehen. Sechs Jahre später sollte er von seinem Vorbild Briefe mit Trainingstipps erhalten. Kolehmainen legte ihm in dieser Korrespondenz nahe, sein Training abwechslungsreicher zu gestalten und regelmässige Sprints zu integrieren.
Paavo Nurmi war seiner Konkurrenz in den 1920er-Jahren deshalb überlegen, weil er in seinem Training innovativ war. Zum Beispiel lief er hinter fahrenden Zügen her und hielt sich an deren letztem Wagen fest. So waren seine Beine gezwungen, sich schneller als normal zu bewegen. Er trainierte auch durchwegs mit einer Stoppuhr in der Hand und verfolgte eine gleichmässige Pacing-Strategie. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass Nurmi sein Training als einer der ersten Läufer nach wissenschaftlichen Methoden organisierte. Dass er trotz des harten finnischen Winters während des ganzen Jahres trainierte und dies auf ganzheitliche Art und Weise tat (im Winter nutzte er oft die Langlauf-Skis zum Trainieren, ausserdem pflegte er regelmässig Gymnastik- und Kräftigungsübungen zu machen), trug ebenfalls zu seiner Übermachts-Stellung bei. Zu seiner Zeit war ein ganzjähriges Training noch die absolute Ausnahme, nicht die Regel.

Vorwettkampf-Programm eines finnischen Olympia-Teilnehmers 1920 (5000m-10’000m)
Datum Morgen Nachmittag
2. Mai 10km Gehen 2x150m (100%), 3000m (75%)
3. Mai
4. Mai 5000m (85%)
5. Mai
6. Mai 15km Laufen 3x150m (100%), 2000m (100%)
7. Mai 6km Gehen, 1500m (leicht) 600m (75%)
8. Mai 1000m (leicht) 5x50m (100%)
9. Mai 8km Gehen 4000m (leicht)
10. Mai
11. Mai 10’000m (67-75%)
12. Mai
13. Mai 8km Gehen 300m (75%)
14. Mai 8km Gehen
15. Mai
16. Mai 8km Gehen, 2000m (leicht) 300m (75%)
17. Mai
18. Mai 3km Laufen 1000m (90%)
19. Mai
20. Mai 4km Laufen, 600m (75%) 3x50m (100%)
21. Mai
22. Mai
23. Mai
24. Mai
25. Mai Wettkampf

Quelle: Noakes Timothy, Lore of Running, Kapstadt 42003, 377.

Nach seiner Karriere sagte Nurmi über seine Trainingsmethoden, dass diese nicht optimal gewesen seien. Er sei zu viel gegangen (er habe also insgesamt zu langsam trainiert), sein Training sei zu einseitig gewesen. Man habe zu seiner Zeit noch nicht verstanden, dass Geschwindigkeit auch Ausdauer bringe. Ausserdem habe er im Sommer zu viel trainiert. „Ich habe es nicht gewagt, eine komplette Ruhephase einzulegen, auch wenn ich es manchmal gebraucht hätte.“

Nächste Woche wird Emil Zatopek der Protagonist in der Serie Lauflegenden sein.

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