Das Herz-Kreislauf-System spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Läuferinnen und Läufern. Wer regelmässig läuft, verbessert nicht nur seine Ausdauer, sondern fördert auch eine effiziente Sauerstoffversorgung der Muskeln und schützt sein Herz langfristig vor Erkrankungen.
Autor:
Dr. rer. nat. Michael Schwarz
Sport- und Bewegungswissenschaftler, Leiter Medbase Checkup Center
1) Warum ist ein starkes Herz-Kreislauf-System für Läufer wichtig?
Das Herz-Kreislauf-System ist der Motor unserer Leistungsfähigkeit. Es versorgt die Muskeln während des Laufens optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen. Dadurch können Läuferinnen und Läufer leistungsfähiger und schneller werden. Je mehr Blut das Herz pro Minute durch den Körper pumpt (Herzminutenvolumen), desto besser werden die Muskeln versorgt und desto effizienter können sie arbeiten. Das gilt übrigens für alle Ausdauersportarten, also auch fürs Velofahren.
2) Wie beeinflusst Laufen das Herz-Kreislauf-System?
Laufen wie auch andere Ausdauersportarten stärken das Herz-Kreislauf-System durch regelmässige Belastung. Der Körper passt sich an die erhöhte Belastung an. Dieses Grundprinzip wird auch Superkompensation genannt. Diese Anpassungseffekte sorgen beispielsweise dafür, dass der Körper Energiedefizite wieder auffüllt, die Durchblutung verbessert, und die Anzahl “Kraftwerke“ der Muskelzellen (Mitochondrien) erhöht. Durch diesen Prozess werden die Muskeln besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und die Energiebereitstellung optimiert.
3) Kann Laufen den Blutdruck senken?
Ja, regelmässiges Laufen kann den Blutdruck effektiv senken und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern (siehe Box). Zusätzlich wirkt sich Laufen positiv auf Gewicht, Stressempfinden und die allgemeine Gesundheit aus.
4) Senkt regelmässiges Laufen langfristig das Risiko für Herzkrankheiten?
Absolut. Regelmässiges Laufen hilft, typische Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Übergewicht oder hohe Cholesterinwerte zu senken. Es ist eine der besten Präventionsmassnahmen für ein gesundes Herz-Kreislauf-System und kann langfristig das Risiko für Herzkrankheiten verringern. Bewegung ist also das beste Medikament, wenn es um die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht.
Kann intensives Training auch zu Herzproblemen führen?
Die Dosis macht das Gift: Zu wenig Bewegung ist ungesund, was wir an der Häufigkeit der klassischen Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes bei Couchpotatoes sehen. Bei Extrem- respektive Berufssportlern, bei Triathleten oder Ultra- und Marathonläufern, sehen wir eine leicht überdurchschnittliche Häufung von Herzrhythmusstörungen. Für Hobbysportler besteht dieses Risiko jedoch kaum.
So senkt Ausdauersport den Blutdruck
Studien zeigen, dass der Blutdruck durch Ausdauersport im Durchschnitt um 5 bis 8 Einheiten sinken kann. Der Blutdruck wird in „Millimeter Quecksilbersäule“ (mmHg) und in zwei Zahlen angegeben. „120 zu 80 mmHg“ zum Beispiel ist ein normaler Blutdruck. Der erste (höhere) Wert wird als systolischen Druck bezeichnet – das ist der Druck, mit dem das Blut aus dem Herzen gepumpt wird. Der zweite (niedrigere) Wert ist der diastolische Druck. Er gibt den Druck an, der herrscht, wenn das Blut zurück zum Herzen fliesst. Bei Bluthochdruck, zum Beispiel, wenn der Wert 160/90 mmHg beträgt, kann regelmässige Bewegung den Blutdruck senken – typischerweise um etwa 7 bis 8 mmHg im systolischen Wert und um 5 mmHg im diastolischen Wert.
6) Wie viel sollte ich laufen, um mein Herz zu stärken?
Jede Bewegung zählt! Die Empfehlung liegt bei 2,5 Stunden moderatem oder 1,25 Stunden intensivem Training pro Woche. Ideal sind drei bis fünf Einheiten pro Woche, um einen Trainingseffekt zu erzielen und das Herz zu stärken. Es ist besser, sich regelmässig und moderat zu bewegen, als einmal die Woche extrem zu trainieren.
7) Welche Rolle spielt die Herzfrequenz beim Lauftraining?
Die Herzfrequenz bzw. der Puls zeigt, wie stark das Herz beansprucht wird, und hilft, das Training zu steuern. In der Leistungsdiagnostik, die wir in den Sports Medical Centers von Medbase anbieten, können wir zum Beispiel mit dem Laktatstufentest den optimalen, individuellen Herzfrequenzbereich ermitteln, so dass ein Sportler oder eine Sportlerin effizient trainieren kann.
8) Wie finde ich meine optimale Herzfrequenz für das Training?
Wenn kein Leistungstest verfügbar ist, kann die maximale Herzfrequenz nach einem intensiven Lauf gemessen werden. Ein effektives Ausdauertraining liegt oft bei 70 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Dies gilt allerdings nicht für alle, daher sollte das eigene Wohlbefinden während des Laufens stets berücksichtigt werden.
9) Was sollten Laufeinsteiger beachten?
Sie sollten langsam starten und das Laufpensum allmählich steigern, um Überlastungen zu vermeiden. Passive Strukturen wie Sehnen und Bänder passen sich langsamer an wie die Muskulatur. Daher ist ein langsamer Aufbau wichtig, bevor man Intensität und Häufigkeit steigert.
10) Ist Intervalltraining besser für das Herz als gleichmässiges Laufen?
Weder noch. Beide Formen des Trainings haben Vorteile. Intervalltraining kann ambitionierten Sportlerinnen und Hobbysportlern helfen, neue Trainingsreize zu setzen, während gleichmässiges Laufen im tiefen Pulsbereich die Grundlagenausdauer stärkt. Ein Mix aus beidem, etwa im Verhältnis 80 Prozent Ausdauertraining und 20 Prozent intensives Intervalltraining, ist ideal. Für Einsteiger kann es sinnvoll sein, zu Beginn abzuwechseln: fünf Minuten joggen, fünf Minuten gehen.
11) Ist Laufen auch im Alter gut für das Herz?
Ja, Laufen ist in jedem Alter vorteilhaft. Auch nach Jahren der Inaktivität kann ein langsamer Trainingsaufbau die Herzgesundheit verbessern. Empfehlenswert ist hier der Gang zum (Sport-) Arzt, der beim Wiedereinstieg hilft. Regelmässige Bewegung kann die Lebensqualität und Lebenserwartung erhöhen.
12) Wie kann ich mein Herz vor Überbelastung schützen?
Das gesunde Herz ist nicht so schnell überlastet, es hält viel aus. Der Rest unseres Körpers braucht aber regelmässige Pausen um sich zwischen den einzelnen Trainingseinheiten ausreichend zu erholen. Ein regelmässiges Training schützt den Organismus und verbessert langfristig die Leistungsfähigkeit. Wer viel trainiert, sollte ab 40 oder 45 Jahren gelegentlich einen Check-up bei der (Sport-) Ärztin durchführen lassen, um u.a. den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems zu überprüfen. Auch für Anfängerinnen ist es sinnvoll, einen Check beim Arzt zu machen, bevor sie mit dem Training beginnen.
Fazit:
Laufen kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern, das Leben verlängern und die Lebensqualität steigern. Es kann das Risiko von Zivilisationskrankheiten senken, man fühlt sich wohler und das ist langfristig ein Gewinn.