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Motivation running.COACH

Stephan Lehmann – running.COACH Teammitglied

Am Wochenende war es also soweit: der HASPA Hamburg Marathon stand auf dem Programm und sollte in meiner Jahresplanung der erste Meilenstein meiner Marathonläufe werden. In das Jahr 2014 bin ich mit der Zielsetzung gestartet, Hamburg in 3:45 bis 3:50 zu finishen. Aufgrund einer sehr schlechten Vorbereitung musste ich diese Ziele mehrfach nach unten korrigieren, sodass unterm Strich kurz vor Start eigentlich nur „Überleben“ als Marschroute stand. Seit Beginn des Jahres bin ich gerade mal 320 Kilometer (davon 2x30km und 1x18km als längste Einheiten) gelaufen – und dies auch nur sehr sporadisch und unregelmäßig. Von daher war klar, dass ich in Hamburg keine Bäume würde ausreissen können.

Stephan Lehmann lief den Hamburg Marathon
Stephan Lehmann lief den Hamburg Marathon

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, ein Rennen für mich selber und in meinen Rhythmus zu bestreiten, habe ich mich am Vorabend in einer Pizzeria mit meinem Bekannten Matthias verabredet, das Rennen gemeinsam bestreiten zu wollen. In der „Vorbereitung“ bin ich immer zwischen 5:15 und 5:30 auf den Kilometer gelaufen – für den Marathon hielt ich einen Schnitt von 6:00/ Km für realistisch. Da Matthias gerne seine Bestzeit auf Sub 4:20 verbessern wollte, waren das schon mal ganz gute Voraussetzungen. Nachdem um 09:00 Uhr der offizielle Startschuss gefallen war, gingen wir gegen 09:15 Uhr auch endlich über die Startlinie. Matthias hatte sich als Tiger geschminkt und das sollte uns auf der Strecke ein erhebliches Maß an Aufmerksamkeit sichern.
Es ging nach einem Kilometer auf die Reeperbahn, die Abends mit ihren ganzen Lichtern sicherlich die bessere Atmosphäre bietet, aber durch ein leichtes Gefälle eigentlich optimal zum „Einrollen“ ist. Tags zuvor war ich mit meiner Frau schon einmal hier: wir haben die Nachmittagsvorstellung des Musicals „Rocky“ genossen und waren restlos begeistert von der Vorstellung. Nach dem kurzen Review mit den Gedanken wieder auf Strecke und vor allem Tempo konzentrieren. Da ich normalerweise immer etwas schneller unterwegs bin, musste ich mich zügeln. Denn schneller als 6:00/ Km hätte ich auf der Distanz mit Sicherheit nicht durchgehalten, und ich hätte Matthias bestimmt ebenfalls mit „ins Verderben“ gezogen. So haben wir uns dann relativ schnell auf „unser Tempo“ eingependelt und die üblichen „Phantomschmerzen“ der letzten Tage und Stunden gingen langsam von dannen. Dafür meldete sich kurz vor Kilometer 5 mein Magen. Natürlich war ich vor dem Start noch auf Toilette gewesen, aber durch das Laufen schien da noch etwas „in Gang“ zu kommen… Die Ausschau nach entsprechenden Möglichkeiten zeigte jedoch immer noch Boxen am Strassenrand, vor denen schon jemand wartete. Hinten anstellen wollte ich mich jedoch nicht und so ging’s dann erstmal weiter – auch in der Hoffnung, vielleicht auch nur einem „Fehlalarm“ aufgesessen zu sein. Kurz vor Kilometer 8 war aber klar, dass es kein „Fehlalarm“ ist und viel weiter hätte ich dann auch nicht laufen können. Also dann doch „anstellen“, während Matthias weiterlief. Beim Warten vor der Box werden in solch einer Situation ja Sekunden zu Stunden und die Rennuhr tickerte  unaufhaltsam weiter und Matthias entfernte sich immer mehr. Den Kilometer 8 habe ich dann mit 8:51 abgeschlossen, während ich mich dann auf die Aufholjagd machte. Während ich nun das Tempo verschärfte und im Schnitt nun bei 5:30/ Km lag, hoffte ich inständig, Matthias bald wieder eingeholt zu haben und dass der „Zwischenspurt“ sich hinten raus nicht rächen würde. Das gute an der Situation war, dass dies alles im Bereich der Landungsbrücken bis zur Speicherstadt geschah – einer Stelle an der Strecke, an der traditionell immer ganz gut Trubel ist.
Bei KM 13 hatte ich Matthias dann wieder eingeholt und wir zockelten in unserem gemächlichen Tempo, für das ich nun sehr dankbar war, weiter. Aber mir schwante Böses: in mir wuchs die Gewissheit, dass dieser Dixie-Besuch vielleicht nicht unbedingt mein letzter für diesen Tag sein sollte… Bei Kilometer 16,5 (kurz nachdem ich meine Frau – wie auch an den Landungsbrücken – an der Strecke traf) am Jungfernstieg standen eine ganze Reihe Boxen, sodass ich noch mal ganz kurz und ohne Wartezeiten noch eine kleine Rennpause einlegen konnte. Auch Matthias hatte ich nach ca. 1 Kilometer wieder eingeholt und hoffte während wir an der Aussenalster entlang liefen, dass ich von weiteren Besuchen in „Boxengassen“ verschont bleiben würde. Während wir uns der Halbmarathonmarke näherten, merkte ich, wie der hintere rechte Oberschenkelmuskel jetzt langsam gegen die „Sprinteinlagen“ rebellierte. Sollte ich jetzt schon in Schwierigkeiten kommen? Grundsätzlich ging es uns beiden gut, mein Puls lag so im 140er-Bereich und wir konnten uns unterwegs auch recht gut unterhalten. Auch viel mit dem Publikum, das Matthias ob seines geschminkten Gesichtes mal als „Tiger“, aber auch als „Löwe“, „Katze“ oder gar „Aristocat“ „identifizierte“. Das war schon eine besondere Motivation, soviel Zuspruch von außen zu bekommen – auch wenn man nur den Kopf schütteln konnte. Denn erstens war die Maskerade eindeutig und zweitens stand sowohl vorne als auch hinten „Tiger Balm Team“ auf dem Trikot…

Stephan und Matthias
Stephan und Matthias

Ab Kilometer 27 wurde es dann schwerer: wir hielten zwar unser Tempo relativ konstant, aber so langsam näherte ich mich ja meiner Trainingsgrenze und mein Körper meinte, dass es nun ja doch so langsam vielleicht auch genug sein könnte… Puls- und Lufttechnisch war alles bestens – nur wurden die Beine nun aber langsam aber sicher „dicker“ und schwerer. Ohne es großartig abzusprechen, gönnten Matthias und ich uns an den Versorgungsstellen ab KM 30 nun kurze Gehpausen, um etwas zu trinken und auch Bananen oder Energy-Gels zu uns zu nehmen. Danach liefen wir aber auch brav weiter und kamen immer schnell wieder in unseren 6er-Schnitt, teilweise sogar drunter. An der Strecke gab es noch einige Stimmungshighlights (z.B. S-Bahnhof Ohlsdorf, Rothenbaumchaussee und das Hamburger Centrum), die wir nach und nach abarbeiteten, indem wir uns von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt „hangelten“. Hier dann immer das gleiche Bild: kurz gehen und versorgen, danach wieder anlaufen. So kamen wir auch einigermaßen gut bis KM 39 durch: hier war der hintere rechte Oberschenkelmuskel nun aber endgültig der Meinung, dass es nun genug sei. Das „auf-die-Zähne-beissen“ war besonders hart, als ich nach der letzten Verpflegung bei Kilometer 40 wieder anlaufen wollte. Aber es hilft ja nichts: jetzt umdrehen wäre doof und 2 Kilometer sollten schon noch irgendwie gehen…
Bei Kilometer 41 stand wie verabredet auch noch einmal meine Frau, die uns anfeuerte, den letzten Kilometer nun auch noch zu schaffen. Die langgezogene Steigung am Gorch-Fock-Wall, die ich in den letzten Jahre immer als „Hölle“ empfunden habe, bevor es endlich Richtung Ziel geht, war diesmal sogar recht angenehm, selbst der Oberschenkel verhielt sich ruhiger als vorher. Dann ging es endlich auf die Zielgerade: mit einer Zeit von 4:18:59 waren wir beide nicht nur zeitgleich, sondern wir haben unsere Zeitvorgabe sogar erreicht.

Stephans Abschnittszeiten
Stephans Abschnittszeiten

Als Fazit kann ich nach dem Wochenende jedoch festhalten, dass ich nie wieder einen Marathon mit solch einer mangelhaften Vorbereitung laufen möchte. Mein Durchschnittspuls von 149 ist zwar durchaus in Ordnung, allerdings sind mir zwei Dinge absolut sicher: ohne Matthias an meiner Seite hätte es mit großer Wahrscheinlichkeit auch zwischen einigen Verpflegungsstellen einige Gehpausen gegeben. Und wäre dies nicht mein 25., sondern mein erster Marathon gewesen, wäre ich wahrscheinlich gar nicht ins Ziel gekommen. So konnte ich aus der vorhandenen Erfahrung sowie meinen Streckenkenntnissen in Hamburg profitieren. Jetzt gilt es, sich nach einer kurzen Ruhephase auf den Herbst vorzubereiten und zwar dieses Mal konsequent, zielstrebig und diszipliniert. Hier baue ich stark auf die Unterstützung des running.COACH.

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