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Motivation

TheRunningEffect – Florian Lussy

Laufen ist für Florian Lussy mehr als ein Hobby – es ist eine Lebenseinstellung, welche seinen Charakter geformt hat. Aufgewachsen in der idyllischen Innerschweiz wagte er den Sprung nach Texas, um seiner Passion, dem Laufen, nachzugehen. Mittlerweile ist er zurück aus den Vereinigten Staaten und erzählt von seiner persönlichen Entwicklung als Mensch und seiner Wandlung vom ergebnisorientierten hin zu einem prozessorientierten Läufer.

Eben erst gelandet und nun wartend in der Ankunftshalle des Flughafens in Dallas. Unverhofft taucht die Frage auf, was passieren würde, wenn ihn nun einfach niemand abholen sollte. Wir schreiben das Jahr 2015 und Florian Lussy wartet auf die Trainerin des ortsansässigen Colleges, welches ihm ein Stipendium und somit ein Wechsel ins eigene College-Laufteam ermöglichte. Ein neuer Weg und Trainingsimpuls sollten ihn in den kommenden Jahren in seiner Laufkarriere auf ein neues Level hieven.

Der Weg ans College

Den heute 28-jährigen Lussy hatte der Laufsport damals von Oberdorf (Nidwalden) bis an die North Texas University nach Dallas geführt, bevor er etwas mehr als vier Jahre später wieder in die Schweiz zurückkehren sollte. Seine sportliche Reise startete aber bereits 13 Jahre zuvor, als er im Alter von 8 Jahren direkt vor der Haustüre am Nidwaldnerlauf teilnahm und unvermittelt Gefallen daran fand, sich im Direktduell mit seinen Mitstreitern zu messen – und dabei erfolgreich zu sein. Gepaart mit der guten Gruppendynamik, zuerst in der Jugi und später im Laufverein, war schon früh ein fruchtbarer Nährboden für die sich anbahnende Laufkarriere gelegt.

Die Liebe zum Sport wirkte sich auch auf die Wahl der beruflichen Ausbildung aus. Inspiriert von der Leidenschaft des Verkaufspersonals in Laufgeschäften, entschied er sich für eine Ausbildung zum Detailhandelsfachmann bei einem grossen Vertreter von Sportartikeln. Die Wahl fiel deshalb auf eine grosse Firma, weil er da die Chance gesehen habe, neben der Lehre noch genügend Zeit fürs Training zu erhalten.

Es sollte jedoch bis nach Ende der Ausbildung dauern, bis sich Florian Lussy als einer der besten Läufer der Schweiz etablieren und sich zweimal für die U20 Cross Europameisterschaften qualifizieren konnte. Beim ersten der beiden Meisterschaftsstarts geschah dann auch etwas so Unerwartetes, wie auch Wegweisendes. Kaum im Hotelzimmer angekommen hatten erste Nachrichten amerikanischer College-Coaches sein Facebook-Postfach erreicht, in denen ihm viel Glück für die anstehende Aufgabe gewünscht wurde. Nach einem «recht soliden» Auftritt und einem 49. Rang wurden aus den Glückwünschen dann schnell konkrete Stipendienangebote.

Die Angebote trafen einen empfindlichen Nerv, denn schon länger hatte Lussy mit der «Schweizer Mentalität» gehadert, primär zu arbeiten um dem Geld nachzujagen. Über die kommenden Monate kristallisierte sich dann immer mehr heraus, dass er seinen gewünschten Lifestyle mit vollem Fokus auf den Sport in den USA besser ausleben können würde. Und dies alles mit dem schönen Nebeneffekt, dies mit einem Bachelor in Event und Sport Management verbinden zu können.

Die persönliche Weiterentwicklung in den USA

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So stand er nun im Jahr 2015, nach Abschluss der benötigten Berufsmatur, in der Ankunftshalle in Dallas und wartete auf die Trainerin, welche in abholen sollte. Mit einigen Minuten Verspätung tauchte diese dann auf und fuhr ihn in den Stadtteil, wo er die nächsten Jahre wohnen und trainieren sollte.

In den USA entwickelte sich Florian Lussy dann nicht nur in sportlicher Hinsicht weiter. Auch die Sicht auf den Sport und die Beweggründe haben sich in dieser Zeit verändert. Auf den perfekten Start mit einem Sieg im ersten Rennen folgte eine Verletzung und zum ersten Mal bekam er nun zu spüren, dass er neu auch Druck von aussen ausgesetzt war:

«Wenn du verletzt bist ist es tricky, weil der Druck fürs nächste Rennen wieder bereit zu sein allgegenwärtig ist. In der Schweiz war ich für mich selber verantwortlich und hatte Zeit, um auf meinen eigenen Körper zu hören. In den USA hatte ich auch eine Verantwortung gegenüber dem Coach und dem Team. Denn wenn ich nicht lieferte, hatte das auch eine Auswirkung auf ihre Jobsicherheit.»

So kam es vor, dass er zu Starts gepusht wurde, obwohl er eigentlich noch nicht dazu bereit war. Immer häufiger wurde Lussy in der Folge von Verletzungen geplagt und in ihm begann die Einsicht zu wachsen, dass nicht primär Resultate, sondern lange Trainingsphasen ohne Verletzungsunterbrüche das Ziel sein mussten.

«Ich weiss nun, dass ein Training oder Wettkampf alleine meine Sportkarriere nicht markant verändern wird. Wenn ich es aber schaffe über einen langen Zeitraum ohne Pause trainieren zu können, dann kann ich etwas bewegen.»

Diese Einsicht in Kombination mit einem Wechsel im Trainerstab verlieh ihm in der Folge mehr Lockerheit fürs Training und mehr Raum dafür, die Trainings individueller zu gestalten.

Nicht nur der Wandel vom Resultat- zum Prozessdenken hat ihn in der Zeit in den USA persönlich weitergebracht. Auch sprachlich konnte er in dieser Zeit extrem profitieren und selbstverständlich habe er auch die Zeit mit den Läuferkolleg*innen extrem genossen. Die Konstellation in einer 4er Wohngemeinschaft mit drei anderen Laufverrückten zu sein, sei für einen wie ihn, der den ganzen Tag übers Laufen sprechen könne, sehr inspirierend gewesen. Zusammen hätten sie die Leidenschaft für den Laufsport teilen und neue Trainingsmethoden ausprobieren können.

Auch das Studium, welches zu Beginn mehr Mittel zum Zweck darstellte, erwies sich als Glücksfall. Der Spass an der Ausbildung intensivierte sich mit der fortschreitenden Vertiefung ins Thema – der Ausbildungshunger kam sozusagen mit dem Essen.

Die Rückkehr in die Schweiz

Nach vier Jahren in Dallas kehrte er im Jahr 2020 während der Corona-Krise, schon etwas früher als geplant, in die Schweiz zurück und beendete das begonnene Studium aus der Distanz. Er habe langsam zu spüren bekommen, schon etwas älter als seine Mitstudenten gewesen zu sein und sich auch wieder auf die Möglichkeit gefreut, das Training individueller planen zu können.

Mittlerweile hat der Laufsport Florian Lussy von Oberdorf, über Dallas nach Bern geführt und ihn vom ergebnisorientierten Läufer zu einem Athleten mit Prozessfokus gewandelt. Was aber über alle Jahre geblieben ist, ist das kompromisslose Commitment, das er vom Laufsport auch auf andere Lebensbereiche transportieren kann: «Wir Läufer sind uns gewohnt, uns nicht nur aufs Laufen, sondern auch aufs Essen und den Schlaf zu fokussieren. Dieses Denken überträgt sich dann auch in die Berufswelt.» So käme es für ihn nicht in Frage, in Zukunft einer Arbeit nachzugehen, wo er einfach nur zu den Bürozeiten aktiv sei – er stelle sich eher etwas vor, das ihn rund um die Uhr fordere. Eine Eigenschaft, über welche sich ab Juni auch das running.COACH Team freuen darf. Ab dann nämlich wird Lussy seine Laufliebe als Mitglied des running.COACH Teams auch im Beruf ausleben dürfen.

 

Steckbrief

Geburtstag: 15.01.1994
Wohnort: Bern
Ausbildung: Bachelor of Science in Recreation, Event and Sport Management, University of North Texas
Team: LA Nidwalden seit 2003, UNT Athletics (USA) 2016 – 2020

Bestzeiten:
1500 m: 03:52.17
3000 m: 08:21.40
5000 m: 14:18.60
10000 m: 30:37.79

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