Um Überlastungsschäden zu vermeiden, braucht es vor allem Zeit, regelmässiges Training und gute Schuhe.
Geduld ist am Anfang das Wichtigste. Denn der Hauptfehler, den Laufanfänger machen, ist, zu rasch Fortschritte erzielen zu wollen. Der Körper braucht aber Zeit, um sich an die neue, ungewohnte Belastung zu gewöhnen. Deshalb genügen fürs Training zunächst 20 Minuten. Dabei zwischendurch ein Stück des Weges zu gehen ist völlig legitim.
Wichtig ist aber die Regelmässigkeit: Zwei- bis drei Trainingseinheiten pro Woche sollten es sein und zwar in einer Geschwindigkeit, bei der man sich noch unterhalten kann. Dann ist die Herzfrequenz optimal. Die Regelmässigkeit ist wichtig, um Überlastungsschäden vorzubeugen. Wer nur am Wochenende trainiert riskiert eher Probleme in dieser Hinsicht.
Nicht nur die Beine trainieren
Sinnvoll ist es, nebst dem Laufen von Beginn an auch regelmässig die Kraft zu trainieren. Insbesondere die Muskeln am Rumpf gehen beim Training von Läufern gern vergessen. Eine gute Rumpfstabilität wirkt sich bis in die Füsse aus und kann Verletzungen vorbeugen. Auch kurze tägliche Übungen für mehr Fussstabilität sind empfehlenswert. Und zwischendurch einmal eine Trainingseinheit ins Schwimmbad oder aufs Velo zu verlegen, macht das Ganze nicht nur abwechslungsreicher, sondern auch besser.
Laufeinsteiger*innen neigen dazu, den Trainingsumfang so rasch zu erhöhen, dass ihr Körper nicht mitkommt. Auch das provoziert Überlastungsschäden am Bewegungsapparat. Besser ist, das Trainingspensum behutsam zu steigern, also nicht jede Woche etwas mehr zu laufen, sondern den Umfang «nur» in monatlichen Abständen zu erhöhen. Denn Sehnen, Bänder, Muskeln, Gelenke und Knochen müssen sich erst anpassen. Was viele Laufanfänger unterschätzen: Die Regeneration ist genauso wichtig wie das Training. Dazu gehören genügend Schlaf und gute Ernährung.
Auf den Körper hören
Gute Schuhe sind ein Muss, die Turnschuhe aus dem Billigladen genügen für den Anfänger definitiv nicht. Auch atmungsaktive Kleidung – und nicht der alte Baumwoll-Trainer – ist vor allem in der kalten Jahreszeit zu empfehlen. Lasse dich zudem nicht zum Sklaven deiner Pulsuhr machen. Die Faustregel „noch sprechen können beim Laufen“ liefert in den ersten Trainingswochen einen guten Indikator für die Intensität. Fitnessvorgaben, wie diejenigen des running.COACH Einsteigerprogramms, sollten immer auch mit dem eigenen Körpergefühl abgeglichen werden.
Machen sich irgendwo am Bewegungsapparat Schmerzen bemerkbar, war meist der Trainingsumfang zu gross, sei es, dass das Tempo zu schnell gesteigert wurde, die Trainingsintensität zu hoch war oder die Erholung ungenügend. Andere Gründe sind falsche Lauftechnik, falsche Schuhe, ein zu anspruchsvolles Laufgelände und bereits vorbestehende «Abnützungserscheinungen» oder Verletzungen.
Die kritischen Punkte
Überlastungsschäden treten bei Läufer*innen typischerweise an acht Stellen auf:
- an der Aussenseite des Knies oder des Oberschenkels (das sogenannte Läuferknie oder «runners knee»)
- am Unterrand der Kniescheibe (Springerknie genannt oder «jumpers knee»)
- vorn am Knie
- an der Schienbeinkante (Schienbeinkantensyndrom)
- an der Achillessehne
- an der Fusssohle nahe der Ferse (Fersensporn)
- am Mittelfuss
- an den Grosszehen
Durch die wiederholten, anfangs noch ungewohnten Belastungen, kann es bevorzugt dort zu Entzündungen kommen. Betroffen sind beispielsweise der Ansatz der Achillessehne, Sehnenscheiden, Schleimbeutel oder auch die Knochenhaut. Sogar Teilrisse der Achillessehne oder Vorstufen von Knochenbrüchen (sogenannte Stressfrakturen) infolge der Überlastung sind möglich.
Muskeln dehnen
Damit es gar nicht erst soweit kommt, sollten Laufanfänger*innen erst einmal mit kleinem Pensum beginnen und schauen, wie viel ihr Körper verträgt. Muskelkater darf sein, schmerzende Sehnen, Gelenke oder Knochen sind dagegen ein Warnsignal, dass das Training angepasst werden muss.
Zusätzlich können einige einfache Übungen helfen, die spezifisch auf die jeweiligen Beschwerden zugeschnitten sind. Beim Runner’s Knee zum Beispiel hilft es oft, die Muskeln an der Aussenseite des Oberschenkels zu dehnen, sei es durch rückwärtiges Überkreuzen mit dem Bein oder mit Hilfe einer harten Schaumstoffrolle («foam roll» – am besten seitlich liegend). Allzu lange sollte man es aber nicht mit Eigenbehandlung versuchen. Insbesondere, wenn die Schmerzen beim Laufen schlimmer werden oder auch in Ruhe nicht mehr verschwinden, sollte man die Beschwerden ärztlich abklären lassen.
Loslaufen und sich Gutes tun
Wer das Laufen mit Geduld, Disziplin und Beharrlichkeit angeht, wird die schönen Seiten dieses Sports erleben: Wie man aus eigener Kraft erstaunliche Distanzen zurücklegt, in freier Natur gedanklich zur Ruhe kommt, sich neue Orte «erlaufen» kann und seinem Körper – auf einfache und preiswerte Art – etwas sehr Gutes tut.
Tipps:
- Anhand des «physical activity readiness questionnaire» (PAR-Q) lässt sich abschätzen, ob vorab eine Sporttauglichkeitsuntersuchung bei einem Arzt sinnvoll ist. Der PAR-Q beurteilt die Bereitschaft zur körperlichen Aktivität und besteht aus sieben Fragen, zum Beispiel «Haben Sie im letzten Monat Brustschmerzen gehabt?», «Sind Sie schon einmal wegen Schwindel gestürzt?» oder «Haben Sie ein Knochen- oder Gelenkproblem, das sich unter körperlicher Belastung verschlechtern könnte?»
- Laufeinsteiger*innen, in deren Familien bei den Eltern, den Kindern oder den Geschwistern bereits vor dem 60 Lebensjahr Jahren Bluthochdruck oder ein Herzinfarkt aufgetreten ist, sollten ihre Belastbarkeit am besten vorab mit einem Belastungs-EKG überprüfen lassen.
- Machen Sie nur soviel, wie es Ihr Körper zulässt. Hören Sie auf Ihren Körper!
- Laufen Sie nicht, wenn sie Fieber haben oder sich so krank fühlen, dass die Anstrengung schwer fällt. Das gilt auch bei Schmerzen am Bewegungsapparat.
Autor: Dr. med. Patrik Noack, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und Sportmedizin SGSM, Co-Leiter Medizin Medbase Zentrum für Medizin und Sport in Abtwil
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