Andreas Kempf nimmt dieses Wochenende die Halbmarathondistanz an den Leichtathletik-Europameisterschaften in Amsterdam in Angriff. Weshalb er als Mittelstreckenläufer überhaupt nach Amsterdam reist und wie er sich in den Tagen zuvor auf seinen grossen Tag vorbereitet, berichtet er hier. Für den EM-Halbmarathon am Sonntag wünscht Running.COACH Andreas schnelle Beine und ein schönes Lauferlebnis.
Leichtathletik Europameisterschaften in Amsterdam: allgemeine Informationen
Die Leichtathletik-Europameisterschaften in Amsterdam (http://www.amsterdam2016.org/en/), welche gestern begonnen haben, sind erst die zweiten Kontinentalmeisterschaften, die seit der Einführung des Zwei-Jahres-Zykluses in einem Olympiajahr stattfinden. Die Verantwortlichen von der European Athletic Association (EAA) begannen damit vor vier Jahren in Helsinki den europäischen Athleten ein zusätzliches Schaufenster in der Öffentlichkeit zu ermöglichen. Bei diesen Europameisterschaften „light“ wurden jedoch keine Strassenwettkämpfe (Marathon und Gehen) durchgeführt. Einerseits sollte dadurch die Organisation einer solchen Meisterschaft vereinfacht werden, und andererseits hätten die Marathonläufer und Geher zu wenig Erholungszeit bis zu den Olympischen Spielen in London gehabt. In Amsterdam wird nun erstmals als Kompromiss ein Halbmarathon angeboten. Dieser dient den Marathonläufern als optimaler Vorbereitungswettkampf für die Olympischen Spiele in Rio. Zudem gibt es der Stadt Amsterdam die Möglichkeit, sich mit einer attraktiven Streckenführung positiv im Fernsehen zu präsentieren.
Da die EAA entschieden hat, im Halbmarathon-Rennen auch Medaillen in einer Teamwertung zu vergeben, kann jede Nation bis zu sechs Läufer an den Start schicken (die addierten Zeiten der schnellsten drei Läufer fliessen dann in die Teamwertung). Aus diesem Grund wurden von der EAA keine Halbmarathon-Limite festgelegt. Somit war jeder nationale Verband frei in der Ausgestaltung der Selektionskriterien. Swiss Athletics definierte bei den Männern eine Zeit von 65:45, welche im Verhältnis zu den Limiten auf der Bahn (z. B. 5000 Meter: 13:40 oder 10‘000 Meter: 28:50) einfacher zu erreichen ist.
Mein Trainer und ich wogen bei der Saisonplanung die Vor- und Nachteile eines Versuchs auf der Halbmarathon-Strecke für einen 5000-Meter-Läufer ab und kamen zum Schluss, dass mir im Winter ein bisschen mehr Laufkilometer und Schwellentraining nicht schaden würden. Entweder erreiche ich im Frühling die geforderte Limite über die 21,0975 Kilometer, oder ich konzentriere mich dann voll auf die Bahnsaison. Zum Glück konnte ich Plan A umsetzen, in dem ich anfangs April am Halbmarathon in Berlin nach 65:24 ins Ziel kam. Somit wurde die diesjährige Bahnsaison für mich obsolet. Stattdessen ging ich mit dem Halbmarathon-Team im Juni für vier Wochen nach St. Moritz ins Höhentrainingslager, um mich optimal auf die EM vorzubereiten. Erholt und wieder akklimatisiert ans Flachland sitze ich nun da beim Verfassen dieses Textes. Es verbleibt noch eine knappe Woche bis zu meinem Einsatz in Amsterdam, und mein Programm bis dahin sieht folgendermassen aus.
Mittwoch: Packen
Letztes intensiveres Training (4×1000 Meter in Halbmarathon-Pace) machen, alle notwendigen Sachen packen, mich vor dem Fernseher mit den ersten Wettkämpfen der Leichtathletik-EM einstimmen (Zeitplan der EM unter folgendem Link: http://www.amsterdam2016.org/images/fe/editor/NEW_programma_A4_v3.pdf) und dazu eine Blackroll-/Dehnsession ausführen.
Donnerstag: Anreise
Um die Mittagszeit gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Halbmarathon-Teams von Zürich nach Amsterdam fliegen, anschliessend die Zimmer im Athletenhotel der Schweizer Delegation beziehen und vor dem Abendessen einen gemütlichen Erkundungsdauerlauf zur Lockerung der Beine nach der Reise absolvieren.
Freitag: Streckenbesichtigung
Vormittags die Strecke wie auch das Start-/Zielgeländes mit einem offiziellen Bus besichtigen, nachmittags den Bewegungsapparat durch den Teamphysiotherapeuten pflegen lassen sowie einen Dauerlauf abspulen und abends eventuell die Abendsession im Stadion besuchen.
Samstag: Fauler Tag
Gut ausschlafen, Kohlenhydratspeicher füllen, lockeres Training (Laufen, Gymnastikübungen, wenig Laufschule und einige Steigerungen) absolvieren, Wettkampfutensilien bereit legen, definitive Startliste studieren, Renntaktik mit dem Trainer besprechen, Nervosität im Griff behalten und allgemein nicht unnötig Energie verschwenden.
Sonntag: Wettkampftag
06:00 Uhr Aufstehen und frühstücken
07:00 Uhr Leichtes Footing, Beine vertreten, duschen
08:00 Uhr Shuttle vom Hotel zum Startbereich
08:30 Uhr Einlaufen
09:15 Uhr Entrance Call Room
09:30 Uhr Exit Call Room
09:35 Uhr Arrival Start area
09:50 Uhr Start competition
Vor 10:55 Uhr Zieleinlauf
12:00 Uhr Shuttle zurück zum Hotel
12:30 Uhr Duschen, essen, sich hinlegen
16:00 Uhr Shuttle vom Hotel zum Stadion
16:30 Uhr Siegerehrung Halbmarathon
17:00 Uhr Start Abendsession
19:00 Uhr Schlussfeier
19:30 Uhr Shuttle zurück zum Hotel
20:00 Uhr Abendessen
22:00 Uhr Abschlussparty
Montag: Heimreise
Nach einer wahrscheinlich eher kurzen Nacht mit vielen positiven Eindrücken und wichtigen Erfahrungen für die (sportliche) Zukunft die Heimreise antreten.
Eine Antwort auf „Die letzten Tage vor der EM in Amsterdam“
Wünsche dir Andreas und dem ganzen Schweizer HM-Team ein ganz tolles Rennen, viel Power und schnelle Beine!