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So passt das Training zum weiblichen Zyklus

Autorin:

Dr. med. Sibylle Matter Brügger, Allg. Innere Medizin FMH, Sportmedizin SGSM, Stv. Leiterin Sports Medical Center Medbase Bern Zentrum. Die ehemalige Triathlon-Olympionikin und Gewinnerin des Ironman Zürich ist heute Chief Medical Officer bei Swiss Triathlon, sowie Verbandsärztin von Swiss Swimming und Swiss Cycling.

 

 

Bisher spielt der weibliche Zyklus meist kaum eine Rolle bei der Trainingsplanung. Dabei liesse er sich sinnvoll nützen, um die Leistung zu verbessern.

Männer haben eine Tagesbestform, Frauen eine Monatsbestform. Denn beim männlichen Geschlechtshormon Testosteron sind die Spiegel frühmorgens deutlich höher als im Tagesverlauf, im Verlauf eines Monats schwanken sie aber nur wenig.

Bei Frauen dagegen steigen und fallen die Geschlechtshormone im Zyklus von etwa 28 Tagen. Vor allem das Östrogen und das Progesteron (Gelbkörperhormon) spielen dabei eine Rolle. Die natürlichen Schwankungen dieser Hormone können das Training sowohl positiv wie auch negativ beeinflussen.

In der ersten Hälfte des Zyklus, bis zum Eisprung, geht es beim zyklus-gesteuerten Training vor allem um die Steigerung von Kraft- und Ausdauer. Die Trainingsintensität nimmt dann zu bis kurz nach dem Eisprung. In der zweiten Hälfte des Zyklus steht der Erhalt von Kraft und Ausdauer im Vordergrund, die Trainingsintensität nimmt wieder ab.

So beeinflussen sich der Zyklus und das Training:

 

Phase 1: Menstruation (Follikelphase)

«Frauen sollten sich während der Menstruation schonen», lautete der Rat früher. Dabei sind sportlich aktive Frauen, die während der Mens keine Schmerzen haben, dann oft sogar leistungsfähiger. Etwa eine von drei Sportlerinnen verspürt im Zusammenhang mit dem Zyklus aber tatsächlich eine Leistungsminderung.

Maximal-Krafttraining hat mit Beginn der Menstruation den stärksten Effekt. Denn kann die anabole (aufbauende) Wirkung des Östrogens am besten ausgenutzt werden. Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen unterstützt den Muskelaufbau, erhöht die Knochendichte, hebt die Stimmung und fördert die Regeneration. Zu Beginn der Follikelphase ist die Konzentration des Östrogens noch tief, steigt dann aber im Verlauf allmählich an und erreicht kurz vor dem Eisprung ihren Höhepunkt während des Zyklus.

Hochintensives Krafttraining in der ersten Phase des Zyklus kann zudem den Spiegel des (typisch männlichen) Geschlechtshormons Testosteron bei der Frau heben, was den Muskelaufbau zusätzlich fördert.

Gegen Menstruationsbeschwerden hilft Training meist nicht. Wirksamer sind entzündungshemmende Schmerzmittel wie etwa Ibuprofen (gleich zu Beginn und nicht erst, wenn die Schmerzen voll ausgeprägt sind). Bei regelmässigen Schmerzen ist eine fachärztliche Untersuchung sinnvoll, um andere Ursachen (zum Beispiel Endometriose) auszuschliessen.

Bleibt die Mens aus, sollten Sportlerinnen ihre Ärztin konsultieren. Denn dies kann ein Zeichen sein, dass der Stresspegel zu hoch ist und die Erholung und / oder die Ernährung zu kurz kommen. Das kann verheerende Folgen für die Gesundheit haben, zum Beispiel eine auf Jahre hinaus geringere Knochendichte.

 

Phase 2: Eisprung

Um die Zeit des Eisprungs herum sind die Bänder dehnbarer und geben den Gelenken weniger Halt. Deshalb ist die Verletzungsgefahr während der Tage in der Mitte des Zyklus höher. Um vorzubeugen, ist gezieltes Kraft- und Koordinationstraining sinnvoll. Der Östrogenspiegel sinkt nun, während derjenige des Gelbkörperhormons zu steigen beginnt.

 

Phase 3: Bildung des Gelbkörpers (Lutealphase)

Der Spiegel des Gelbkörperhormons steigt nach dem Eisprung weiter an. Damit einher geht eine leichte Erhöhung der Körpertemperatur. Das kann die Leistung des Herz-Kreislaufsystems etwas reduzieren, wie mehrere Studien gezeigt haben.

Wird das Ei nicht befruchtet, sinkt das Progesteron wieder. Dadurch überwiegt die Wirkung des Östrogens, weshalb der Körper in der Woche vor der Mens mehr Wasser einlagert und das Körpergewicht steigt. Auch der Hunger nimmt nun zu und schwül-warmes Wetter wird schlechter vertragen. Verbunden mit einem Trägheitsgefühl sowie mit Stimmungsschwankungen und verstärktem Wahrnehmen von Problemen wird dies «prämenstruelles Syndrom» (PMS) genannt. Der sinkende Progesteronspiegel am Ende der Lutealphase geht häufig mit einem PMS einher. Zur Menstruation hin sinken sowohl die Östrogen- als auch die Progesteronwerte auf die niedrigsten Werte im Verlauf des Zyklus.

Dagegen helfen für die Beine Stützstrümpfe und für die Psyche Präparate mit Mönchspfeffer, Johanniskraut oder psychologisches Training. Manchmal nützen auch synthetische Hormone («Anti-Baby-Pille», Hormonspirale, Hormonpflaster, Vaginalring). Wichtig ist aber, vorgängig mit einer Sport- oder Frauenärztin die Risiken individuell abzuschätzen und zu besprechen. Zudem sollte eine hormonelle Verhütung wenn möglich in einer weniger wichtigen sportlichen Phase ausprobiert werden.

Ein zyklus-gesteuertes Training funktioniert jedoch nur, wenn die Athletin ihren natürlichen Zyklus hat. Denn die «Anti-Baby-Pille» oder andere Hormonpräparate legen den eigenen Zyklus lahm und haben je nach Organ nicht dieselbe Wirkung.

Hier ist eine gute Grafik, die zeigt, wie sich die Hormone im Verlauf des Zyklus verändern und was die Körpertemperatur macht:

Menstruation_DE-1Quelle: Swiss Olympic

Wettkampf und Menstruation

Die Menstruation vor einem wichtigen Wettkampf mit Hilfe von künstlichen Hormonen zu verschieben ist nur für Spitzensportlerinnen sinnvoll, wenn sie unter starken Menstruationsbeschwerden leiden und alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

Die Verträglichkeit solcher Hormone sollte mindestens ein Jahr vor dem Wettkampf getestet werden. Welche am geeignetsten sind (zum Beispiel Pille mit/ohne Gestagene oder Hormonspirale) sollte man vorgängig mit der Ärztin besprechen, ebenso mögliche Risiken wie etwa eine Thrombose.

Athletinnen, die bereits regelmässig die «Pille» einnehmen, können die Menstruation durch Auslassen des meist siebentägigen hormonfreien Fensters in der Regel problemlos um zwei bis drei Monate hinauszögern. Auch das sollte aber vorher mit einer Ärztin abgesprochen werden.

Tipps

  • Zyklusbedingte Leistungsschwankungen dürfen sein. Sie sind nur selten behandlungsbedürftig.
  • Führen Sie ein Menstruationstagebuch oder benützen Sie Apps und wearables wie zum Beispiel «FitrWoman», um Ihre sportlichen Leistungen und andere Faktoren einzutragen. So finden Sie heraus, ob und wie die hormonellen Schwankungen Ihre Leistung beeinflussen.
  • Während der Menstruation sind alle Sportarten möglich, vorausgesetzt die Blutung lässt sich gut auffangen (zum Beispiel mit Tampon oder Menstruationskappe).
  • Wer zu Blutarmut neigt sollte die Blutwerte regelmässig kontrollieren lassen, insbesondere bei vegetarischer Ernährung.
  • Der Zyklus durch die «Pille» oder andere Hormonbehandlungen kann sowohl die negativen als auch die positiven Effekte beeinflussen.
  • Das Risiko für eine Venenthrombose ist jeweils in den ersten drei Monaten der Behandlung mit Hormonpräparaten am hö
  • Gut geeignet sind für Sportlerinnen oft Hormonspir Sie haben weniger Einfluss auf die eigene Produktion der Sexualhormone als die «Anti-Baby-Pille», weil sie die Hormone lokal in der Gebärmutter abgeben.
  • Insbesondere Frauen, die Kraft- oder Schnellsportarten betreiben, profitieren von ihren körpereigenen Hormonen mehr als von synthetischen.

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