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Einfluss des Alters auf Marathonleistungen

Ab etwa 35 Jahren wird es trotz gutem Training schwerer, das Leistungsniveau im Alter zu halten. In diesem Artikel schauen wir uns an, wie das Alter die sportliche Leistung beeinflusst und ob die Leistungsabnahme mit dem Alter schneller wird.

Dieser Artikel untersucht, wie sich die sportliche Leistung, insbesondere beim Marathonlaufen, mit zunehmendem Alter verändert, wobei der Fokus auf Athlet*innen über 40 Jahre liegt.

Unter Nutzung von Daten aus den Weltrekorden der Masters-Kategorien und der Datenbank von running.COACH haben wir die Marathonzeiten der welteweit schnellsten Vertretern der Altersklassen sowie diejenigen von Breitensportler*innen und deren Entwicklung über die Altersklassen unter die Lupe genommen.

Die Ergebnisse zeigen einen relativ linearen Leistungsabfall in beiden Gruppen, wobei deutliche Leistungseinbußen (‚Knicke‘ in den Leistungskurven) bei Breitensportlern früher aufzutreten scheinen als bei Eliteläuferinnen und -läufern, was darauf hindeutet, dass intensives Training auch in zunehmendem Alter den Beginn schneller Leistungsabnahmen verzögern kann.

Auch zeigen wir am Schluss des Artikels, wie gross die jährliche Leistungsabnahme etwa ausfällt..

Leistungsentwicklung von Top-Athleten im Laufe der Jahre

Um zu verstehen, wie sich die Leistungen von Marathonläufern mit zunehmendem Alter verändern, haben wir uns die Weltrekorde der Masters-Kategorien angeschaut. Diese zeigen die schnellsten Marathonzeiten, die je in den verschiedenen Altersklassen erreicht wurden.

Masters World Record MenMasters World Record WomenAbb: Die Masters Weltrekorde über die Marathondistanz über die verschiedenen Altersklassen bei den Herren (oben) und den Frauen (unten).

Die Analyse ergibt, dass die Leistungsabnahme sowohl bei Männern als auch bei Frauen bis ins hohe Alter relativ gleichmäßig verläuft.

Die Regelmässigkeit, mit der die Leistung abnimmt, variiert  leicht zwischen den Geschlechtern. Bei den Männern liegt der Leistungsverlust bis M80 zwischen 3% und 7%, während bei Frauen zwischen W60 und W65 ein plötzlicher Rückgang von 12% zu verzeichnen ist.

Bei beiden Geschlechtern ist ab einer bestimmten Altersklasse ein deutlicher „Knick“ in der Kurve zu beobachten. Während diese verstärkte Leistungsabnahme bei den Männern erst beim Kategorienwechsel M80-M85 (17% langsamere Zeit) auftritt, ist dieser bei den Frauen bereits beim Wechsel W75-W80 auszumachen (13% langsamere Zeit).

Zusammenfassend kann gesagt werden:

  • Allgemeiner Trend: Die Leistungsabnahme bei Marathonläufern verläuft bei beiden Geschlechtern bis ins hohe Alter relativ linear. Kleinere Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind jedoch erkennbar.
  • Der „Knick“ und somit der Bruch mit der linearen Abnahme tritt bei den Frauen etwas früher ein als bei den Männern.

*Die Altersklasse M40 inkludiert die Läufer mit einem Alter von 40-44 Jahren

Leistungsentwicklung von Breitensportler*innen im Laufe der Jahre

Um zu sehen, ob die Leistungsentwicklung im Breitensport ähnlich abläuft wie bei Spitzenathlet*innen, haben wir Ergebnisse aus der running.COACH Datenbank analysiert. Zuerst geschlechterneutral. Wir haben deshalb innerhalb einer Altersklasse die schnellste Durchschnittszeit aller running.COACH Community-Mitglieder eruiert, um das Ergebnis mit den Ergebnissen der Masters Weltrekorden vergleichen zu können (Average RC). Als Beispiel: In der Altersklasse 40 (40-44 jährige Personen) waren in unserer Datenbank die 42-jährigen Läufer*innen mit einer Durchschnittszeit von 03:27:55 am schnellsten.

Zudem haben wir die jeweils schnellste Zeit innerhalb einer Altersklasse herausgesucht (Fastest RC). Es gilt anzumerken, dass wir nur bis zur Altersklasse der 70-jährigen aufschlussreiche Daten zur Verfügung haben.

average rc marathonzeitenfastest rc

Abb: Die Entwicklung der durchschnittlichen Marathonzeiten von Mitgliedern der running.COACH-Community mit zunehmendem Alter. Es wurde der durchschnittlich schnellste Jahrgang als Vertreter der Alterskategorie gewählt.

Folgende Ergebnisse konnten beobachtet werden:

Die Analyse zeigt, dass die Durchschnittszeiten eine ähnlich lineare Entwicklung aufweisen wie die Weltrekorde.

Beim Übergang von der Altersklasse 55 zu 60 ist jedoch eine größere Leistungsabnahme von 7% zu beobachten, im Vergleich zu maximal 4% in den jüngeren Klassen. Zudem ist der „Knick“ in der Leistungskurve, also eine deutlich stärkere Leistungsabnahme, bereits ab 70 Jahren erkennbar, etwa 10-15 Jahre früher als bei den Weltrekordzeiten.

Besonders interessant ist der Vergleich der Durchschnittszeiten mit den schnellsten Zeiten: Während der „Knick“ bei den Durchschnittszeiten zwischen 65 und 70 Jahren auftritt, ist er bei den schnellsten Zeiten der running.COACH Community bereits 5 Jahre früher zu beobachten.

Leistungskurve bei den running.COACH-Männern

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Abb: Die Entwicklung der durchschnittlichen Marathonzeiten von männlichen Mitgliedern der running.COACH-Community mit zunehmendem Alter (oben) sowie die schnellsten Zeiten (gelaufen eines individuellen Athleten) in der entsprechenden Altersklasse (unten).

Die Kurve der running.COACH-Männer verhält sich ähnlich, wie diejenige für die geschlechterneutralen Werte. Doch während bei letztgenannten die erste Abweichung der linearen Entwicklung zwischen 55 und 60 zu verzeichnen war, ist dieser Schritt bei den Männern bereits zwischen 50 und 55 beobachtbar (8% Leistungseinbusse).

Der markante „Knick“ in der Leistungskurve, der eine stärkere Abnahme anzeigt, ist bei den Durchschnittswerten der Männer zwischen 65 und 70 Jahren erkennbar. Dieser ist jedoch weniger ausgeprägt als bei den schnellsten Zeiten und tritt verglichen mit den schnellsten running.COACH Zeiten fünf Jahre später auf.

Da die schnellsten Zeiten innerhalb der Altersklassen von männlichen Athleten gelaufen wurden, ist diese Kurve identisch mit der oben beschriebenen (Fastest RC). Die schnellsten Zeiten zeigen eine flachere Kurve, wobei die Leistungsabnahme von M45 zu M55 nur 2% beträgt.

Leistungskurve bei den running.COACH-Frauen

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Abb: Die Entwicklung der durchschnittlichen Marathonzeiten von weiblichen Mitgliedern der running.COACH-Community mit zunehmendem Alter (oben) sowie die schnellsten Zeiten (gelaufen einer individuellen Athletin) in der entsprechenden Altersklasse (unten).

Vorausgehend muss hier erwähnt sein, dass die Datengrundlage bei den Frauen nicht ganz so gross ist, wie dies bei den Männern der Fall ist, was gewisse Ausreisser bei den Werten begünstigt.

Vergleicht man aber die schnellste ermittelte Durchschnittszeit (M40 bei den Männern, W45 bei den Frauen) mit der Zeit der Kategorie 55, so ist die Abnahme mit 10% bei den Männern und 14% bei den Frauen bei letztgenannteren zwar grösser, entspricht jedoch genau der gleichen Abnahme, wie es bei den Weltrekordzeiten der Fall ist. Dort beträgt der Prozentuale Rückgang der Leistung von den 40-jährigen 15% bei den Männern und 14% bei den Frauen.

Deutlich linearer ist die Entwicklung der schnellsten Zeiten in den Altersklassen bei den running.COACH Frauen. Es ist zudem der Effekt beobachtbar, welcher bei den Weltrekordzeiten zwischen den Geschlechtern deutlich wird. Nämlich, dass der sogenannte „Knick“ (zwischen 55 und 60) etwas früher beobachtbar ist, als bei den Männern.

Leistungskurve bei den Siegern des SwissCityMarathons 2023

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Abb: Die Siegerzeiten in den Altersklassen des SwissCityMarathon 2023.

Bei den Siegerzeiten der Männer in den Altersklassen des SwissCityMarathons fällt auf, dass die Kurve zwischen 40 und 55 beinahe keine Steigung aufweist und die Leistungen somit äusserst konstant sind. Lediglich 1.7% langsamer war die Siegerzeit bei den 55-jährigen verglichen mit derjenigen bei den 40-jährigen. Der „Knick“ hingegen ist schon etwas früher auszumachen (60), als dies bei den männlichen Marathonläufern bei running.COACH der Fall ist (bei vergleichbarer schnellster Zeit der 55-jährigen).

Bei den Frauen ist zwischen den Kategorien 40 und 45 eine markante Steigung erkennbar. Diese ist aber wohl auch auf die äusserst starke Siegerzeit bei den W40 zurückzuführen. Danach verläuft die Entwicklung zwischen 45 und 60 linear, bevor beim Wechsel zu 65 der „Knick“ der verstärkten Leistungsabnahme auszumachen ist. Während bei den Weltrekorden und bei running.COACH der Knick bei den Frauen jeweils früher eintraf, war dieser bei den Teilnehmerinnen des SCM später zu beobachten, als bei ihren männlichen Kollegen. Allerdings gibt es auch hier zu beachten, dass die Anzahl Teilnehmer*innen mit zunehmendem Alter deutlich abnahm und die Daten deshalb mit Vorsicht betrachtet werden sollten.

Fazit

Zusammenfassend können aus dieser Analyse folgende Schlusssätze gezogen werden:

  • Die Leistungsabnahme mit zunehmendem Alter verläuft bis zu einem gewissen Punkt (wir nennen diesen „Knick“) linear, ab diesem Punkt beschleunigt sich der Prozess.
  • Bei den Weltrekordzeiten ist dieser „Knick“ deutlich später zu beobachten, als bei den Zeiten, welche wir im Breitensport beobachten konnten. Dies deutet darauf hin, dass intensives Training in fortgeschrittenem Alter die beschleunigte Leistungseinbusse herauszögern kann.
  • Die jährliche Leistungsabnahme bis zum Knick beträgt bei den Weltrekordzeiten der Männer im Schnitt 1.14% pro Jahr, im Breitensport ist die Abnahme mit 1.11% (SwissCityMarathon) und 0.85% (running.COACH) für die letztgenannte Gruppe tiefer als bei den Referenzgruppen.
  • Gerade umgekehrt ist die Entwicklung der jährlichen Leistungsabnahme bis zum Knick bei den Frauen. Hier liegt die durchschnittliche jährliche Leistungseinbusse bei den Weltrekorden bei 1.23%. Für die Referenzgruppen im Breitensport betragen diese Werte 1.51% (SCM) und 1.81% (running.COACH).
  • Grundsätzlich kann also davon ausgegangen werden, dass die jährliche Abnahme bis zum Knick bei den Frauen im Durchschnitt leicht höher ausfällt als bei den Männern. Die Werte im Breitensport können auf etwa 1% durchschnittliche Abnahme pro Jahr bei den Herren und ungefähr 1.5% bei den Frauen beziffert werden.

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10 Antworten auf „Einfluss des Alters auf Marathonleistungen“

Super, ist ja sehr Aufschlussreich und für mich macht nun meine Einbusse in der Leistung einen Sinn.

Ich finde es total schön, dass es Rennen gibt (z.B. GP Bern), die Kategorien in 5-Jahres-Schritte abgrenzen. Ich gehöre zu den Ü55. Leider gibt es Organisatoren, die nur Kategorien mit 10-Jahres-Schritte (z.B. Hallwilerseelauf) anbieten.

Aber eigentlich ist es wieder gut so, denn so vergleiche ich mich nicht mit anderen 😁.

Die Leistungsabnahme hängt ja auch mit der Abnahme der VO2max zusammen. Frage 1: Gilt noch „pro Lebensjahr (nach 55?) nimmt diese um 1ml/kgKG ab, dies kann durch Training auf 0,5ml/kgKG reduziert werden“.
Frage 2: Kann ich bei den Zeitvergleichen zum letzten Jahr davon ausgehen, dass eine Verlängerung der Wettkampfzeit um weniger als 1sec/Minute gut ist, bzw. einem besseren Trainingsstand entspricht?

Finde die Daten auch interessant, frage mich nur, ob das alles so richtig ist. Wie kann z.B. der durchschnittliche und der schnellste Wert bei der AK 65 RunningCoach (Männer und Frauen) ein und derselbe sein? Gab es da nur einen Läufer?
Weiterhin wird bei den RunningCoach-Frauen in der AK 65 5:52:17 als Bestzeit angegeben. Ich bin letztes Jahr in dieser AK 4:09:13 gelaufen und bin sicher nicht die schnellste Läuferin in dieser AK.

Für mich war es spannend zu Beobachten wie die Leistung abnimmt.
Habe nun in diesem Jahr die Grenze „80“ überschritten und bemerkt , dass es allen etwa gleich geht !
Bis 75 waren die Zeiten bei mir für den HM bei ungefähr 1:45, aber dann von Jahr zu Jahr langsamer, was mich aber überhaupt nicht störte. Wichtig ist es, dass man auf den Körper hört und Freude an der Bewegung hat in unserer schönen Natur. Übrigens, an wenigen Laufveranstaltungen gibt es sogar die Kat. 80 😊 ….

Ich finde es auch interessant, bin mit 70 Jahren einen Trainings-Halbmaraton gelaufen,in 2Std genau, und mit 72Jahren wieder, in Wien mit der Zeit von 2 Std 14 . Allerdings mit keiner guten Vorbereitung. Hätte gerne gewußt ob es mit 75 möglich ist, eine Zeit mit 1:59 zu laufen.

Mich interessieren die untersuchten Kohorten. Aussagekräftig wäre doch v.a. der intraindividuelle Verlauf. Was ist mit denen, die zu laufen aufhören?

Ich finde die Aussage, ‚dass intensives Training in fortgeschrittenem Alter die beschleunigte Leistungseinbusse herauszögern kann‘ gefährlich! In meinen 30 Jahren Lauferfahrung habe ich mittlerweile so viele Kollegen „verloren“, die mit Gelenkproblemen ganz aufhören mussten, dass ich eher zur Ansicht neige, dass (zu) intensives Training den irreparablen Verschleiß überproportional begünstigt. Da die Aussteiger nicht in eurer Statistik betrachtet wurden, verzerrt das das Bild deutlich, oder?

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