Läufer*innen sind zwar ständig auf den Beinen, neigen aber dazu, ihre Füsse zu vernachlässigen. Regelmässiges Fusstraining bringt Tempo und mehr Stabilität auf unebenen Strecken.
Autor: PD Dr. med. Dr. phil. André Leumann, Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Sportmedizin SGSM, Medbase Basel Heuwaage / Orthoklinik Basel / OrthoPraxis Leumann Basel
Ob sich eine Läuferin oder ein Läufer gut um seine Füsse kümmert, sieht man oft schon auf den ersten Blick: Sind die Schuhe schon komplett abgelaufen? Haben die Füsse Schwielen, unbehandelte Warzen, Blasen? Gibt es Zeichen für Fusspilz oder abfallende Nägel? Solche Dinge sind im Laufsport gar nicht so selten. Sie zeigen aber auch, welchen Stellenwert den Füssen beigemessen wird. Am Anfang steht also die Fusspflege.
Warum ist die Fusspflege so wichtig?
Der Fuss ist das Fundament des Standes und der Fortbewegung – wie die Wurzeln des Baumes. Sein Stand wirkt sich auf die gesamte Beinachse aus. Ist der Fuss instabil, muss ein Teil der Energie, die Geschwindigkeit bringen könnte, dazu verwendet werden, die Instabilität auszugleichen. Ein gutes «fine tuning» der Muskeln verbessert den Abstoss beim Laufen und das wiederum ist wichtig, um schneller zu werden. Wer auf Leistung läuft, kann mit dem Fusstraining an Tempo gewinnen. Und wer auf unebenen Böden unterwegs ist, gewinnt an Stabilität. Das ist wichtig, denn die häufigste Verletzung beim Trailrunning und beim Orientierungslauf ist die Bänderzerrung am Sprunggelenk. Fusstraining kann das Risiko für solche Verletzungen erfolgreich reduzieren.
Das Zusammenspiel für eine bessere Koordination
Die Füsse werden von zwei Muskelgruppen bewegt, die sich gegenseitig ergänzen: Einerseits von den Unterschenkelmuskeln, deren lange Sehnen bis zum Vorfuss ziehen. Andererseits von den kleinen Fussmuskeln. Beim eigentlichen Fusstraining geht es vorrangig darum, die Koordination und das Zusammenspiel dieser Muskeln zu verbessern, nicht aber ums «Body Building» der Wadenmuskeln.
Dennoch ist es wichtig, den Fuss so zu kräftigen, dass er trainingsmässig mit dem Bein «mithält». Neun von zehn Ermüdungsbrüchen bei Läufer*innen ereignen sich im Fuss- und Sprunggelenk. Das zeigt, dass der Knochen dort nicht bereit war für das geforderte Trainingsvolumen. Ein Fusskräftigungstraining kann solchen Ermüdungsbrüchen vorbeugen.
Fehlstellungen: Kleine Ursachen mit großen Auswirkungen
Bestimmte Fussfehlstellungen prädisponieren zu Fehlbelastungen und Überlastungsschäden – wobei diese, je nach Fussstellung, anders sind. Etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung haben einen Knick-Senk-Fuss. Dabei ist das Fussgewölbe in Längsrichtung abgeflacht und der der Fuss «knickt» gleichzeitig leicht nach innen.
Diese Fehlstellung beansprucht die Sehne des Muskels an der Rückseite der Wade. Häufige Folgen sind auch Schmerzen an der Fussohle (sogenannte Plantarfasziitis) und die Bildung eines schmerzhaften Fersensporns.
Beim Hohlfuss, den circa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung haben, sind die daraus resultierenden Probleme eher eine Überlastung der Sehne des Wadenbeinmuskels an der Aussenseite des Unterschenkels, eine Instabilität im Sprunggelenk und Schmerzen in den Knochen des Mittelfusses.
Deine Füße unter der Lupe: Was die Spuren verraten
Wer wissen will, wie er den Fuss belastet, wirft am besten einen Blick auf seine Fusssohlen und auf die Laufschuhe: Sind die Schwielen gleichmässig verteilt oder gibt es Stellen mit besonders viel Hornhaut? Zum Beispiel unter den «Köpfchen» der Mittelfussknochen? Sind die Schuhsohlen innen oder aussen stärker abgelaufen? Solche Beobachtungen können Hinweise darauf liefern, wo der Fuss möglicherweise Unterstützung braucht, beispielsweise mit Einlagen oder speziellen Laufschuhen. Es ist aber beileibe nicht so, dass jeder Knick-Senk- oder Hohlfuss per se behandelt werden muss. Idealerweise kombiniert man die Fussgymnastik mit einem Beinachsentraining, weil der Fuss über die Beinachse auch das Knie- und das Hüftgelenk beeinflusst.
Vier Übungen für den Fuss
Die Übungen sind ideal in 3×10 Wiederholungen durchzuführen. Achten Sie auf eine langsame, kontrollierte Bewegung und eine stabile, aufrechte Haltung:
Seitkippen: Training der seitlichen Fussstabilisatoren
Fusskoordination
Fussbeuger und Strecker
Pinguin
Ein spannendes Set an Übungen und Erklärungen von Läufer*innen für Läufer*innen findet sich bei Mobilesport.ch vom Bundesamt für Sport: Übungen
Tipps
- Fusstraining regelmässig in den Alltag einbauen, zum Beispiel
- morgens und abends während des Zähneputzens auf einem Bein stehen
- Einbeiniges Stehen auf dem Wackelbrett verbessert Stabilität und Koordination
- Bandverletzungen am Sprunggelenk ernst nehmen und mit Schiene plus Therapie mit Fussgymnastik korrekt behandeln.
- Regelmässige Fusspflege (Abfeilen von Schwielen, Eincrèmen bei trockener Haut, Schneiden der Zehennägel etc.)